David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie/Kapitel 11

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
10. Über die Theorie der relativ-Abelschen Zahlkörper. David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie (1932) von David Hilbert
11. Beweis für die Darstellbarkeit der ganzen Zahlen durch eine feste Anzahl n-ter Potenzen (Waringsches Problem).
Zu Hilberts algebraisch-zahlentheoretischen Arbeiten.
  Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
11. Beweis für die Darstellbarkeit der ganzen Zahlen durch eine feste Anzahl -ter Potenzen (Waringsches Problem)[1].
Dem Andenken an Hermann Minkowski gewidmet.
[Mathematische Annalen Bd. 67, S. 281–300 (1909)].

Theorem. Jede positive ganze Zahl läßt sich als Summe von -ten Potenzen positiver ganzer Zahlen darstellen, so daß deren Anzahl unterhalb einer Schranke liegt, die nur durch den Exponenten bedingt ist, dagegen nicht von der darzustellenden Zahl abhängt.

Dieses Theorem ist allgemein von Waring[2] vermutungsweise ausgesprochen worden; der Beweis für dasselbe gelang jedoch bisher nur in besonderen Fällen, nämlich für

Die Mathematiker, denen wir diese Beweise und zugleich auch scharfsinnige Untersuchungen über die Reduktion der Anzahl der zur Darstellung zu verwendenden Potenzen verdanken, sind J. Liouville (), Maillet[3] (), Fleck[4] (), Landau[5] ()‚ I. Schur (), Hurwitz[6] (), Wieferich[7] ().

Der allgemeine Beweis des Theorems, den ich im folgenden geben werde, gelingt mittels einer neuartigen Anwendung der Analysis auf die Zahlentheorie. Während man nämlich sonst in der analytischen Zahlentheorie von arithmetischen Formeln ausgehend durch Grenzübergang zu Integralrelationen für arithmetische Größen gelangt – ich erinnere an die Bestimmung der Klassenanzahlen – oder, wie in der Primzahltheorie, asymptotische Ausdrücke mittels transzendenter Funktionen sucht, so werde ich gegenwärtig umgekehrt von einer gewissen Integralformel ausgehen und aus ihr schließlich eine rein arithmetische Relation gewinnen.

Um diesen Gedanken deutlich hervortreten zu lassen, schicke ich dem Beweise des Theorems zunächst zwei Sätze voraus.

Satz I[8]. Es sei eine beliebige positive ganze Zahl, dann gilt identisch in den 5 Variabeln , …, die Integralformel

; (1)

dabei bedeutet eine gewisse durch bestimmte positive Konstante, nämlich

,

und das 5-fache Integral rechts ist über die Kugel

(2)

zu erstrecken.

Zum Beweise verstehen wir unter , …, irgend welche reellen Größen und bestimmen dann eine orthogonale Substitution der 5 Variabeln , …, in , …,

(3)
in welcher
, …, (4)

wird. Da die Kugel bei Anwendung dieser Substitution (3) unverändert bleibt, so geht das Integral der Formel (1) nach Einführung der Integrationsvariabeln , …, über in

;

hierin ist offenbar das 5-fache Integral eine von , …, unabhängige positive Zahl; setzen wir dieselbe gleich , so folgt die Formel (1) des Satzes I.

Satz II. Es sei wiederum eine beliebige positive ganze Zahl, dann gilt identisch in den 5 Variabeln , …, eine Formel von der Gestalt

; (5)

dabei ist zur Abkürzung

gesetzt, ferner bedeuten , …, gewisse positive rationale, durch bestimmte Zahlen und , …, gewisse ganze, ebenfalls nur durch bestimmte Zahlen.

Der Beweis gründet sich auf die in Satz I aufgestellte Integralformel; von der letzteren ausgehend werden wir durch eine Reihe von Schritten schließlich zu der in Satz II behaupteten arithmetischen Identität gelangen.

Der erste Schritt besteht in der Approximation des 5-fachen Integrales

durch eine endliche Summe. Wir denken uns zu dem Zwecke den 5-dimensionalen Raum der Variabeln in 5-dimensionale Würfel von der Kantenlänge zerlegt. Da der Bereich ganz im Endlichen gelegen ist, so fällt nur eine endliche Anzahl dieser Würfel ins Innere von . Bilden wir sodann für den Mittelpunkt eines jeden dieser Würfel den linearen Ausdruck

,

multiplizieren denselben mit dem Inhalt des Würfels sowie mit dem positiven Werte von , so entsteht aus dem Integral eine Summe von der Gestalt

, (6)

wo die gewisse lineare Funktionen von , …, bedeuten, deren Koeffizienten noch von abhängen; zugleich gilt die Limesgleichung

.
Nach der Integralformel des Satzes I ist mithin auch
. (7)

Der zweite wesentliche Schritt beruht darauf, daß wir hier in der Summe rechts die Anzahl , die ja mit verschwindendem notwendig über alle Grenzen wächst, auf eine feste, von unabhängige Zahl reduzieren. Dies gelingt in folgender Weise. Wir bedenken, daß es nur linear unabhängige Formen -ten Grades von 5 Variabeln gibt und daß daher gewiß zwischen den ersten Formen -ten Grades

, (, …, )

eine lineare Identität von der Gestalt

bestehen muß, wo die , …, reelle Konstante bedeuten, von denen einige positiv und einige negativ ausfallen müssen. Indem wir diese Identität durch den größten unter den positiven Koeffizienten dividieren, entsteht eine Identität von der Gestalt

,

wo gewiß einer unter den Koeffizienten , …, den Wert besitzt und zugleich alle übrigen Koeffizienten ausfallen. Subtrahieren wir diese Identität von der Summe (6), so hebt sich offenbar eine der -ten Potenzen fort, und wir erhalten eine Summe über nur Summanden, von denen keiner negativ wird, da ja die zu den hinzutretenden konstanten Faktoren sämtlich positiv ausfallen, wenn sie nicht insbesondere verschwinden. Indem wir diese konstanten Faktoren in die -te Potenz hineinziehen, gelangen wir zu einer Formel von der Gestalt

,

worin die wieder Linearformen der Variabeln , …, bedeuten und die Anzahl der Summanden rechts gegenüber der ursprünglichen Summe links gewiß um vermindert ist.

Das dadurch eingeleitete Reduktionsverfahren können wir fortsetzen, bis schließlich die Zahl der Summanden auf herabkommt; alsdann erhalten wir eine Formel von der Gestalt:

, (8)

wo wiederum die

(, …, )

Linearformen der Variabeln , …, bedeuten, deren Koeffizienten wesentlich noch von abhängen.

Der nächste Schritt besteht in der Ausführung des Grenzüberganges zu ; dieser erfolgt leicht in der aus (7) und (8) entstehenden Formel

. (9)

Zunächst ist nämlich klar, daß sämtliche Koeffizienten der Formen unterhalb endlicher von unabhängiger Grenzen bleiben, sobald gegen konvergiert; dies folgt aus den Limesgleichungen

,

wie sie durch Vergleichung der Koeffizienten von in (9) entstehen. Wegen des Umstandes, daß hiernach insbesondere für alle unterhalb einer endlichen Grenze bleibt, können wir für eine gegen konvergierende Folge von positiven Werten , , finden, derart, daß der Limes

existiert. Da ferner, wie gezeigt, auch unterhalb einer endlichen Grenze bleibt, so läßt sich wiederum aus jener Folge von Werten , , … eine Folge , , … herausgreifen, so daß auch der Limes

existiert. So fortfahrend erhalten wir schließlich nach 5 -maliger Anwendung dieses Verfahrens eine gegen konvergierende Folge , , … derart, daß zugleich die sämtlichen Limesgleichungen

(, …, , , …, )

statthaben. Setzen wir sodann

(, …, ),

so gilt wegen (9) identisch in den Variabeln , …, die Formel

. (10)

Diese Formel unterscheidet sich von der in Satz II behaupteten noch wesentlich dadurch, daß die Koeffizienten der Linearformen keineswegs rationale Zahlen sind.

Der letzte entscheidende Schritt meiner Beweisführung wird darin bestehen, von der Formel (10) den Übergang zu einer Formel zu ermöglichen, in welcher alle auftretenden Zahlenkoeffizienten rational sind. Zu dem Zwecke verschaffen wir uns zunächst Linearformen

(, …, ),

mit ganzzahligen Koeffizienten , derart, daß zwischen ihren 2 -ten Potenzen keine lineare Relation mit konstanten Koeffizienten stattfindet. Dies ist gewiß möglich, da die Determinante

offenbar nicht identisch in allen Argumenten Null ist und zur Erfüllung unserer Forderung nur nötig wird, die als ganze rationale Zahlen so zu bestimmen, daß von Null verschieden ausfällt.

Nun sei in Formel (10) etwa eine Linearform, deren Koeffizienten jedenfalls nicht sämtlich verschwinden, so daß

eine positive von Null verschiedene Zahl wird. Setzen wir dann zur Abkürzung

(, …, ),

so haben die Linearformen

, …,

sämtlich die nämliche Quadratsumme ihrer Koeffizienten wie ; es gibt daher gewiß eine orthogonale Transformation der Variabeln , …, , welche in , ferner je eine solche orthogonale Transformation, die in , …, bzw. in überführt. Wenden wir diese orthogonalen Transformationen sämtlich der Reihe nach auf die Formel (10) an, addieren die so entstehenden Formeln und dividieren durch , so wird, wenn wir noch

, …,

setzen:

, (11)

wo die gewisse Linearformen der , …, sind, wie sie aus den , …, durch jene orthogonalen Transformationen nach Hineinziehung des Faktors entstehen. Wir betrachten nun dasjenige System von linearen Gleichungen für die Unbekannten , …, , welches aus der Identität

entspringt, wenn man die nämlichen Potenzen und Produkte von Potenzen der Variabeln , …, auf beiden Seiten gleich setzt. Da die Determinante dieses Gleichungssystems bis auf einen Zahlenfaktor die von Null verschiedene Zahl ist, so sind dessen Lösungen eindeutig bestimmt; sie lauten wegen (11):

, …,

und sind folglich sämtlich positive Größen. Da nun die Lösungen eines linearen Gleichungssystems mit einer von Null verschiedenen Determinante stetige Funktionen der rechten Seiten der Gleichungen sind, so folgt, daß, wenn wir die Koeffizienten der Linearformen innerhalb eines gewissen genügend kleinen Spielraumes irgendwie abändem, die Lösungen , …, des abgeänderten Gleichungssystemes ebenfalls noch sämtlich positive Zahlen bleiben. Wählen wir dabei die Koeffizienten innerhalb jenes Spielraums als rationale Zahlen, so müssen überdies die Lösungen , …, , da ja die Koeffizienten von sämtlich ganze rationale Zahlen sind, ebenfalls rational ausfallen. Bezeichnen die an Stelle der tretenden Formen mit rationalen Koeffizienten und seien die betreffenden positiven rationalen Lösungen

, …, ,

so gewinnen wir die Identität

oder, indem wir noch die in den Koeffizienten von auftretenden Nenner herausziehen und die neu entstehenden Formen mit ,…, bezeichnen,

, (12)

wo , …, nun positive rationale Zahlen und die Koeffizienten der sämtlich ganze Zahlen sind.

Schließlich können wir noch auf diese Formel (12) ein analoges Reduktionsverfahren anwenden wie dasjenige, welches uns oben zu der Formel (8) führte. Wir bedenken, daß zwischen den Linearformen , …, eine Identität von der Gestalt

(13)

bestehen muß, wo , …, jetzt rationale Zahlen sind, bestimmen alsdann eine rationale Zahl derart, daß unter den Zahlen

, …,

eine gleich und die übrigen werden. Subtrahieren wir nun die mit multiplizierte Identität (13) von der rechten Seite der Formel (12), so wird in der rechts entstehenden Summe einer der Koeffizienten Null, ohne daß einer der übrigen negativ ausfällt, so daß die neu entstandene Formel rechts gewiß einen Summanden weniger aufweist. Fahren wir in dieser Weise fort, so gelangen wir schließlich zu einer Formel, die alle in Satz II verlangten Eigenschaften besitzt. Damit ist der Beweis des Satzes II vollendet.

Es sei noch bemerkt, daß, wenn wir in der vorstehenden Überlegung an Stelle von nicht eine beliebige der Linearformen , …, , sondern eine solche unter diesen Formen nehmen, für die die Quadratsumme der Koeffizienten am größten ausfällt, es leicht wegen der Identität (10) gelingt, für die betreffende Quadratsumme

eine untere nur durch bedingte Schranke zu bestimmen, und daß aus dieser unteren Schranke wiederum ohne wesentliche Schwierigkeit eine obere Schranke für denjenigen Spielraum abzuleiten ist, innerhalb dessen die Koeffizienten der Formen abgeändert werden dürfen, ohne daß die betreffenden Lösungen , …, negativ werden. Durch die Kenntnis von aber ist es schließlich auch möglich, für die absoluten Werte der Zähler und Nenner der in der Formel des Satzes II auftretenden rationalen Zahlen und für die absoluten Werte der ganzen Zahlen eine obere Schranke aufzufinden, die nur durch bedingt ist.

Die Formel des Satzes II bildet den Kernpunkt für den Beweis unseres Theorems. Sie läßt nämlich sofort aus der Gültigkeit des Waringschen Theorems für die -ten Potenzen auf seine Gültigkeit für die -ten Potenzen schließen[9]. Denn bezeichnen wir etwa den nur von abhängigen Generalnenner der in Formel (5) rechts auftretenden rationalen Zahlen mit , nehmen und beachten, daß jede Zahl sich als Summe von 4 Quadraten darstellen läßt, so lehrt Formel (5) sofort, daß jede durch teilbare positive ganze Zahl sich als Summe einer Anzahl von -ten Potenzen darstellen läßt, die unterhalb einer nur von abhängigen Schranke liegt, vorausgesetzt, daß der Waringsche Satz für die -ten Potenzen gilt. Da jede positive ganze Zahl sich in der Form darstellen läßt, wo und positiv ganz sind und ist, so folgt hieraus, da ja die Zahl eine Summe von höchstens Zahlen ist, das Waringsche Theorem für die -ten Potenzen.

Wir sehen somit, daß durch das Vorangehende das Waringsche Theorem gewiß für alle unendlich vielen Exponenten der Form bewiesen ist, da es für gilt. Um es allgemein für beliebige Exponenten zu beweisen, müssen wir der Reihe nach folgende 5 Hilfssätze entwickeln.

Hilfssatz 1. Zu jedem Exponenten gehören eine gewisse Anzahl positiver rationaler Zahlen

, , …, ,

sowie zwei positive ganze Zahlen , von folgender Eigenschaft:

Es seien und beliebige positive ganze Zahlen und eine beliebige reelle positive Zahl, es sei ferner eine positive ganze Zahl, die der Ungleichung

(14)

genügt; dann können zu diesen Größen , , , stets ganze Zahlen ()

, , …, ,

deren absolute Beträge den Ungleichungen

(, …, )

genügen, derart gefunden werden, daß die Gleichung

statthat.

Zum Beweise gestalten wir die Formel des Satzes II in folgender Weise um. Zunächst bedenken wir, daß auf der rechten Seite dieser Formel möglicherweise eine oder mehrere der zur -ten Potenz erhobenen Linearformen lauter verschwindende Koeffizienten haben könnten. Lassen wir diese Potenzen weg, so mögen etwa Summanden rechts übrig bleiben, so daß unsere Formel wie folgt lautet

. (15)

Hierin dürfen wir annehmen, daß jede der mit multiplizierten Zahlen von Null verschieden ist, da andernfalls die Anwendung einer geeigneten orthogonalen Transformation mit rationalen Koeffizienten unsere Formel in eine solche umwandeln würde, in der die jenen Koeffizienten entsprechenden Koeffizienten sämtlich von Null verschieden sind. Endlich setzen wir in unserer Formel (15) für , , …, bzw. die Größen , , …, ein, ferner sei

, , …, ,

so daß , …, wiederum ganze Zahlen werden. Wir erhalten so die Formel

, (16)

wo die , wie leicht ersichtlich, eine nicht wesentlich veränderte Bedeutung haben.

Bezeichnen wir nun mit den größten Wert, den eine der Zahlen

(, …, )

annimmt, so folgt Hilfssatz 1 unmittelbar durch folgende Überlegung. Stellen wir die ganze Zahl als Summe von 4 Quadratzahlen dar und setzen

,
so folgt aus (14)
(, …, ).

Nehmen wir daher

,

so wird

Hilfssatz 2. Zu jedem Exponenten gehören wie in Hilfssatz 1 eine gewisse Anzahl positiver rationaler Zahlen

, , …, ,

sowie zwei positive ganze Zahlen , von folgender Eigenschaft:

Es seien , , Zahlen wie in Hilfssatz 1, es sei ferner eine positive ganze Zahl, die der Ungleichung

(17)

genügt, dann können zu diesen Größen , , , stets ganze Zahlen ()

, , …,

deren absolute Beträge den Ungleichungen

(, …, )

genügen, derart gefunden werden, daß die Gleichung

statthat.

Durch Differentiation von (16) nach entsteht eine Formel von der Gestalt

,

wo die eine nicht wesentlich veränderte Bedeutung haben. Ersetzen wir hierin durch und wenden dann die vorige Überlegung auf diese Formel statt auf (16) an, so ergibt sich der Beweis des Hilfssatzes 2.

Aus den eben bewiesenen Hilfssätzen 1 und 2 leiten wir jetzt zwei weitere Hilfssätze 3 und 4 ab, in denen gewisse Gleichungen behauptet werden, die sich von den am Schlusse der Hilfssätze 1 und 2 aufgestellten hauptsächlich dadurch unterscheiden, daß auf ihrer linken Seite an Stelle der positiven Zahlen gewisse Zahlen treten, für die auch negative Werte zulässig sind.

Hilfssatz 3. Zu jedem Exponenten gehören eine gewisse Anzahl positiver rationaler Zahlen

, , …, ,
ferner eine reelle, stets positive Funktion der reellen Variabeln und endlich eine Funktion der ganzzahligen Variabeln und der reellen Variabeln , die durchweg positive ganzzahlige Werte hat und bei festgehaltenem mit unendlich wachsendem selbst, ohne je abzunehmen, über alle Grenzen wächst; diese zu zugehörigen Größen , , sind von folgender Beschaffenheit:

Es sei eine beliebige positive ganze Zahl und eine beliebige positive Zahl , ferner eine reelle, der Ungleichung

(18)

genügende Größe; es werde endlich

(19)

gesetzt; wenn dann eine beliebige ganze Zahl () ist, deren absoluter Betrag der Ungleichung

(20)

genügt, so können zu diesen Größen , , , stets ganze Zahlen , …, , deren absolute Beträge die Ungleichungen

(21)

befriedigen, derart gefunden werden, daß die Gleichung

stattfindet.

Zum Beweise bestimmen wir zunächst eine positive ganze Zahl durch die Ungleichungen

; (22)

dann wird

,

und da wegen (18)

ist, so haben wir demnach auch

. (23)

Andererseits ist mit Rücksicht auf (22)

,

d. h.

. (24)

Setzen wir nun

, (25)
so gilt wegen (23), (24) infolge der Voraussetzung (20) unseres zu beweisenden Hilfssatzes
.

Wir wenden jetzt den Hilfssatz 1 auf die Zahlen , , an; setzen wir noch darin

,

so wird zugleich auch der Bedingung (14) dieses Hilfssatzes 1 genügt, und derselbe lehrt das Bestehen einer Gleichung von der Gestalt

, (26)

wo (d. h. die in Hilfssatz 1) ganze den Ungleichungen

, (27)

genügende Zahlen sind. Setzen wir

,

so erfüllen diese Funktionen alle Bedingungen des zu beweisenden Hilfssatzes. Denn wegen (19) wird dann notwendig

,

und es geht (26) wegen (25) in die zum Schluß des Hilfssatzes 3 behauptete Gleichung über. Endlich ist wegen (18), (22)

,

folglich

,

und demnach

,

d. h.

.

Wegen dieser Ungleichung geht aus (27) die Ungleichung (21) des Hilfssatzes 3 hervor; dieser Hilfssatz 3 ist mithin vollständig bewiesen.

Hilfssatz 4. Zu jedem Exponenten gehören wie in Hilfssatz 3 eine gewisse Anzahl positiver rationaler Zahlen

, , …, ,

ferner eine reelle, stets positive Funktion der reellen Variabeln und endlich eine Funktion der ganzzahligen Variabeln und der reellen Variabeln , die durchweg positive ganzzahlige Werte hat und bei festgehaltenem mit unendlich wachsendem selbst, ohne je abzunehmen, über alle Grenzen wächst; diese zu zugehörigen Größen , , sind von folgender Beschaffenheit:

Es seien , , Zahlen, die denselben Bedingungen wie in Hilfssatz 3 genügen; es werde endlich, wie dort

gesetzt; wenn dann eine beliebige ganze Zahl () ist, deren absoluter Betrag der Ungleichung

genügt, so können zu diesen Größen , , , stets ganze Zahlen , deren absolute Beträge die Ungleichungen

befriedigen, derart gefunden werden, daß die Gleichung

stattfindet.

Der Beweis folgt, indem wir die zum Beweis des Hilfssatzes 3 vorhin angewandten Schlußfolgerungen, statt auf Hilfssatz 1, nunmehr auf Hilfssatz 2 beziehen.

Hilfssatz 5. Zu jedem Exponenten gehören zwei ganze Zahlen , , so daß

(28)

und

(29)

ist, ferner eine positive ganze Zahl und eine gewisse Anzahl positiver rationaler Zahlen

von folgender Beschaffenheit:

Ist eine beliebige positive ganze Zahl, irgend eine ganze Zahl , deren absoluter Betrag der Ungleichung

genügt, so gibt es zu diesen Zahlen , stets gewisse positive ganze Zahlen

derart, daß die Gleichung

statthat.

Zum Beweise entwickeln wir den Exponenten im dyadischen Zahlsystem wie folgt

so daß ein ganzer Exponent ist und gewisse Werte Null oder Eins werden. Nun definieren wir Zahlen durch folgende Gleichungen

so daß allgemein

wird. Ferner setzen wir

so daß allgemein

wird. Endlich sei noch

so daß die Bedingungen (28), (29) erfüllt sind.

Nunmehr wenden wir die Hilfssätze 3 bzw. 4 im ganzen g-mal an und gelangen so zu den Gleichungen

(30)
Dabei ist jede dieser Gleichungen so zu verstehen, daß ihre linke Seite, sobald dort eine ganze, der Bedingung

genügende Zahl ist, sich in Gestalt der rechts stehenden Summe darstellen läßt, so daß die passend gewählte, den Ungleichungen

(31)

genügende ganze Zahlen bedeuten. Die Größen , , , , haben hierbei die in Hilfssatz 3 und 4 angegebene Bedeutung; es ist demnach (der untere Index 0 ist stets zu unterdrücken)

(32)

wo , die in den Hilfssätzen 3 und 4 auftretenden Funktionen sind. Überdies ist zu beachten, daß allgemein den Ungleichungen

(33)

genügen muß, wodurch auch zugleich wird.

Um nun zum Beweise des Hilfssatzes 5 zu gelangen, muß es möglich sein, die auf den rechten Seiten einer jeden der Formeln (30) stehenden Summanden als linke Seiten der nächstfolgenden Formel zu nehmen, damit sich schließlich die linke Seite der ersten Formel als Summe von Größen ergibt, die die Gestalt der rechten Seite der letzten Formel haben. Um diese Möglichkeit darzutun, setzen wir allgemein

(34)

und brauchen dann nur noch zu bewirken, daß die Bedingungen

, (35)

erfüllt sind.

Wählen wir nun bei der erstmaligen Anwendung des Hilfssatzes 3 bzw. 4 , so ist dadurch wegen (32)

bestimmt, während uns die Wahl von noch freisteht. Da die in den Hilfssätzen auftretende Funktion bei festem mit zugleich, ohne je abzunehmen, über alle Grenzen wächst und wegen (32), (34)

ist, so können wir groß wählen, daß

wird, und dann bleibt diese Ungleichung auch erfüllt, wenn wir noch vergrößern. Nun setzen wir

und genügen damit der ersten der Bedingungen (35) und der Bedingung (33) für . Nach dieser Verfügung über bestimmt sich wegen (32) aus der Gleichung

Da nun wiederum die Funktion bei festem mit zugleich, ohne je abzunehmen, über alle Grenzen wächst und wegen (32), (34)

ist, so können wir weiter so groß wählen, daß

wird, und dann bleibt diese Ungleichung auch erfüllt, wenn wir noch vergrößern. Nun setzen wir

und genügen damit der zweiten der Bedingungen (35) und der Bedingung (33) für . In derselben Weise fahren wir fort, bis wir zu der Gleichung

gelangen.

Schließlich machen wir noch so groß, daß

wird; da wegen (31) für

und folglich jetzt

ist, so werden die auf der rechten Seite der letzten Formel in (30) zur -ten Potenz erhobenen ganzen Zahlen positiv.

Führen wir nun die Substitutionen der linken Seiten der Formeln (30) in den rechten Seiten der jedesmal vorangehenden Formel aus, so entsteht eine Formel von der Gestalt

wobei rechts

Summanden stehen und die positive rationale Zahlen sind. Damit ist Hilfssatz 5 bewiesen.

Aus Hilfssatz 5 vermögen wir nun das anfangs aufgestellte Theorem über die Darstellbarkeit der ganzen Zahlen durch -te Potenzen folgendermaßen abzuleiten.

Wir verstehen unter eine beliebige positive ganze Zahl , ferner unter , irgend zwei ganze, den Ungleichungen

(36)

genügende Zahlen. Dann gelten nach Hilfssatz 5 die Gleichungen

und nach Addition

(37)

wo die und gewisse ganze positive Zahlen sind. Die linke Seite der Formel (37) hat die Gestalt

,

wenn

gesetzt wird.

Wir überzeugen uns nun davon, daß der Ausdruck

bei geeigneter, den Ungleichungen (36) entsprechender Wahl von , jede ganze Zahl darzustellen vermag, die den Ungleichungen

genügt. In der Tat, da die Zahlen und relativ prim sind, so besitzt erstlich für jedes ganzzahlige die diophantische Gleichung

ganzzahlige Lösungen , ; nun ist aber zugleich mit , auch

für jedes ganzzahlige eine Lösung, und daraus wird ersichtlich, daß wir der Ungleichung

entsprechend annehmen dürfen. Da ist, so wird , sobald nur hinreichend groß, etwa gewählt wird; wir haben dann

Mit Rücksicht auf die Ungleichung folgt ferner

,

wenn

vorausgesetzt wird, und demnach haben wir mit Rücksicht auf , und da nicht negativ werden kann,
.

Den Ungleichungen (36) ist damit genügt, da ja ist.

Durch Zusammenfassung des Bisherigen erkennen wir, daß jede in dem durch die Ungleichungen

bestimmten Intervalle gelegene ganze Zahl sich in der Gestalt

darstellen läßt. Von einem hinreichend großen an greifen nun diese Intervalle übereinander derart, daß die größte Zahl von größer als die kleinste von ist; in der Tat haben wir gewiß

,

sobald

genommen wird.

Es lassen sich also alle ganzen Zahlen , die eine gewisse Größe überschreiten, in der Gestalt

darstellen, wo , gewisse positive ganze Zahlen bedeuten.

Bezeichnen wir den Generalnenner der rationalen Zahlen mit , so folgt aus dieser Darstellung nach Multiplikation mit , daß gewiß jede oberhalb der Größe gelegene und durch teilbare ganze Zahl sich als Summe von -ten Potenzen positiver ganzer Zahlen darstellen läßt, so daß deren Anzahl unterhalb einer Schranke liegt, die nur von abhängt. Folglich gilt dies auch für jede durch teilbare und daher auch für jede nicht durch teilbare ganze Zahl, auf Grund der nämlichen Betrachtung, die oben nach Schluß des Beweises zu Satz II angestellt worden ist. Damit ist das anfangs aufgestellte Theorem, wie es von Waring vermutet worden ist, vollständig bewiesen.

Zum Schluß sei noch bemerkt, daß man durch das vorstehende Beweisverfahren auch zugleich eine obere Schranke für die Anzahl der zur Darstellung einer beliebigen Zahl nötigen -ten Potenzen wirklich finden kann; dazu ist erforderlich, die am Schluß des Beweises von Satz II gemachte Bemerkung zu berücksichtigen und die in dem soeben vollendeten Beweisverfahren auftretenden Größen so weit abzuschätzen, daß die fragliche Schranke schließlich durch ausdrückbar ist.


  1. Mit einigen Veränderungen und Zusätzen abgedruckt aus den Nachr. Ges. Wiss. Göttingen, Math.-phys. Kl. 1909, Sitzg. 6. Februar. S. 17–36.
  2. Meditationes algebricae, ed. III. Cambridge 1782, S. 349–350.
  3. Congrès de Bordeaux 1895. – J. de Mathém.‚ Ser. 5, 2 (1896). – C. r. Acad. Sci. Paris 145 (1907). – Bull. Soc. math. France 36 (1908).
  4. Sitzgsber. Berl. math. Ges. 1906. – Math. Annalen 64 (1907).
  5. Rendiconti Circ. mat. Palermo 23 (1907). – Math. Annalen 66 (1908).
  6. Math. Annalen 65 (1908).
  7. Math. Annalen 66, 67 (1908–09) (3 Abhandlungen).
  8. In meiner ursprünglichen Veröffentlichung (Nachr. Ges. Wiss. Göttingen, Math.-phys. Kl. 1909) habe ich mich hier eines gewissen 25-fachen Integrals bedient; daß man dasselbe für den vorliegenden Zweck durch das obige 5-fache Integral ersetzen kann, ist eine sehr dankenswerte, mir von verschiedenen Seiten (F. Hausdorff, J. Kürschák u. a.) gemachte Bemerkung. Der dort von mir formulierte und bewiesene Satz I über das 25-fache Integral beansprucht jedoch deshalb ein selbständiges Interesse, weil er in engster Beziehung zu der schönen Theorie der orthogonalen Invarianten von A. Hurwitz steht (vgl. dessen Abhandlung „Über die Erzeugung der Invarianten durch Integration“, Nachr. Ges. Wiss. Göttingen, Math.-phys. Kl. 1897) und in einfachster Weise den Grundgedanken zum Ausdruck bringt, mittels dessen diesem Forscher der Nachweis für die Endlichkeit des vollen Systems orthogonaler Invarianten gelungen ist. [Es handelt sich dort um die Formel
    ,

    wobei das 25-fache Integral rechts über denjenigen 25-dimensionalen ganz im Endlichen gelegenen Bereich zu erstrecken ist, der dadurch bestimmt ist, daß seine Punkte von einem Punkte des durch die 15 Orthogonalitätsrelationen

    ()

    definierten 10-dimensionalen Bereiches eine Entfernung

    besitzen. (Anm. d. Her.)]

  9. Vgl. A. Hurwitz: Math. Annalen 65, 424–427 (1908).
10. Über die Theorie der relativ-Abelschen Zahlkörper. Nach oben Zu Hilberts algebraisch-zahlentheoretischen Arbeiten.
{{{ANMERKUNG}}}